Fundstücke 40 – Anthropogene Evolution

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Wissenschaftler! Kleine miese Betrüger, die herausfinden, was die Mächtigen wollen! Oder einfach nicht gut in Mathe. Den Schluss muss jeder selbst ziehen. Ben Goldacre berichtet im Guardian über einen statistischen Fehler, der in der Hälfte der in Frage kommenden Paper gemacht wird. In Papern von Neurowissenschaften wird so eine signifikanter Unterschied gesehen, wo keiner ist. Es ist also ein Unterschied da, aber ist er nicht signifikant.

Kinder früh in die Krippe zu schicken, kann ihrer Entwicklung und ihrer Entwicklung schaden. Das ist zumindest das Ergebnis, wenn man sich die richtigen Studien heraussucht, um diese Aussage zu unterstützen. Einmal mehr ist Mr. Goldacre der Sache auf der Spur.

„But individual experiments are not the end of the story. There is a second, crucial process in science, which is synthesising that evidence together to create a coherent picture.“

Und wo ich gerade dabei bin, über Wissenschaftler zu lästern, hier ein Bericht über neu aufgetauchtes Videomaterial zu einer legendären Lesung, der „Dr Fox Lecture“. Dabei hatte ein Schauspieler vor einem Auditorium von Akademikern einen Vortrag zur Spieltheorie gehalten, ohne etwas darüber zu sagen. Das Auditorium war begeistert.

Die Gewalt unter Jugendlichen nimmt seit Jahren zu und wird, wie zahllose Videoaufnahmen zeigen, immer brutaler ausgeübt! Eh, nein. Wenn man genauer hinsieht, ist das Gegenteil der Fall.

„Polizeistatistiken erfassen das so genannte Hellfeld, die Zahl der angezeigten Straftaten und damit nur etwa ein Viertel aller Fälle. Die allgemeine Anzeigebereitschaft hat sich in den vergangenen Jahren von 15 auf 20% erhöht. Diese Tatsache kann eine Zunahme jugendlicher Gewalt suggerieren. Tatsächlich zeigen die Statistiken eine kontinuierliche und deutliche Abnahme beispielsweise der Rate von Ladendiebstählen. Gewalt und Sachbeschädigung – bis vor vier Jahren noch mit zunehmender Tendenz – sind seit 2007 ebenfalls rückläufig, so Baier: „Zum ersten Mal geht die Zahl registrierter jugendlicher Gewalttäter zurück.““

Wenn also das nächste mal wieder ein CSU-Katastrophenbarde Jugendliche in Bootcamps schicken will, weil irgendwo einer unter den schützenden Linsen einer Überwachungskamera zugeschlagen oder getreten hat, betrachten wir die Szene als das, was sie ist. Nicht als Vorbote der Apokalypse sondern als tragischen Einzelfall.

Die Bettwanze, ein vor allem lästiger Parasit, ist auf dem Weg zurück in unsere Schlafzimmer. Hauptgrund sind eine zunehmende Resistenz gegen Pestizide und ein Phänomen namens „Globalisierung“. In den USA führt die Angst vor „Bedbugs“ in letzter Zeit zunehmend zu Vergiftungen, bis hin zu einem Todesfall, durch exzessiven Pestizidgebrauch.

„The poisonings serve as a warning, experts said, that people could do more damage to their health by misusing pesticides than they would suffer from the bedbugs, which are upsetting and unpleasant, but not known to be carriers of disease.“

Zum Tode kam dabei eine Frau, deren Mann insgesamt 18 Dosen Insektenvernichtungsmittel versprühte und die sich selbst mit diversen Pudern bestäubte. Die Frau litt unter anhaltendem Jucken und Kribbelgefühlen. Der kurze Text im der NYT hinterlässt den Eindruck, die Frau hätte unter Dermatozoenwahn gelitten, eine Erkrankung, die auch mit den „Morgellons“ in Verbindung gebracht wird. In München stürzte eine Frau, die an diesem Syndrom litt, sich aus einem Heißluftballon und starb. Der Artikel dazu erwähnt das CDC (Center of Disease Control), welches die Erkrankung anerkannt habe, was den Eindruck erweckt, die Erkrankung sei als neue Entität belegt. Dabei schließt das CDC im Moment nicht aus, dass es sich um eine eigene Erkrankung handelt und versucht herauszufinden, worum es sich handelt. Das scheint nicht ganz einfach zu sein, denn, obwohl die Daten seit Jahren gesammelt sind, wird kein Paper veröffentlicht. Ein guter Kommentar zum Thema findet sich hier

„First, patients’ symptoms should always be taken seriously and symptomatic treatment offered if available. In the case of Morgellons-type symptoms, this means a thorough exam to look for an explanation and, at minimum, recommendations to alleviate symptoms, such as hydrocolloid dressings, low-dose steroid creams, and anti-itching medications. Second, the medicalization of the human condition contributes to the development of contested illnesses, and this is not healthy.“

Wenn über Traditionelle chinesische Medizin (TCM) gesprochen wird, ist eines der Argumente, die für deren Wirksamkeit vorgebracht werden, deren lange Tradition (Evidenzklasse Vd). Gerade die Akupunktur wird mit Zähnen und Klauen verteidigt. Bei Science Based Medizin wird die Geschichte der Akupunktur näher beleuchtet. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Akupunkturnadeln in der heutigen Form von dem chinesischen Kinderarzt Chen Dan’an entwickelt wurden, 1930 (Evidenzklasse Va). Vorher floss nämlich, ganz unsanft, Blut. Doch nicht nur die Nadel wurde feiner, auch die „Meridiane“ wurden von Chen neu „verlegt“, weg von Blutgefäßen, zu ungefährlicheren Körperstellen.

In den letzten Fundstücken schrieb ich bereits über, für wirkungslose Potenzmittel, hingeschlachtete Nashörner. In einigen Reservaten wird aus diesem Grund nun, den Nashörnern das Horn unter Betäubung abgesägt. Dabei fällt mir noch ein, dass die Stoßzähne von Elefanten immer kleiner werden, im Zuge der intensiven Bejagung. Das ist auch so ein Beispiel wie Evolution funktioniert. Es sind natürlich nicht alle überzeugt:

Steve Jobs ist, wie wohl jeder mittlerweile weiß, auf seiner iCloud. Wie bereits von j-ap erwähnt, versuchte er zu Beginn seiner Erkrankung, diese mithilfe von alternativmedizinischen Methoden zu besiegen. Das ist, wenn man sich vor Augen führt, welch umfangreiche Operation er sich als Alternative dazu gegenübersah, durchaus verständlich. Nun ist man, gerade als Kritiker solcher Methoden, vielleicht geneigt, der Verzögerung der OP (9 Monate) die Schuld an seinem (in Anbetracht der Umstände gar nicht so) frühen Tod zu geben. Orac zeichnet unter dem Dach der Scienceblogs ein differenziertes Bild.

Der Kinderdoc berichtet über spendable Krankenkassen und deren Motivation. Bei Telepolis findet sich ein Bericht über die bei Fahrradfahrern im Vergleich zu Fußgängern höhere Rußbelastung. In Dänemark wird nicht nur Butter stärker besteuert, ein für Vegetarier wichtiger Brotaufstrich könnte aus den Regalen verschwinden . In Irland ist angeblich jemand an spontaner Selbstentzündung verstorben. Al-Quaida, die beliebteste Terrororganisation der Jahrtausendwende, kritisiert Verschwörungstheorien zu 9/11. Süß, beleidigte Gotteskrieger.

Zum entspannen hilft vielleicht Wasser, aus der Wasserbelebungsröhre „Toi„. Das Foto der Woche führt vor Augen, warum Schlümpfe nicht in die Mikrowelle gehören.

2 Gedanken zu “Fundstücke 40 – Anthropogene Evolution

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