Umdenken in der Homöopathie

Wenn die ApologetInnen der Globulisten die Meinungsluke öffnen, bleibt kein Auge trocken. Ich zumindest habe herzlich gekichert als ich das Interview der Leiterin der neuen Zauberschule in Traunstein gelesen habe. Während garstige…Entschuldigung…polemische Skeptiker den Hokus-Pokus namens Homöopathie auf immer neuen Ebenen auseinander nehmen, bleiben die Homöopathen bei bekannten Argumenten, die haben sich ja auch bewährt. Wenigstens da bleibt die Logik der Homöopathen konsistent: Keine Medizin wird mit keinen Argumenten verteidigt oder „similia similibus curentur“, der alte Hahnemann wäre stolz.

Akademieleiterin Anja Wilhelm gibt ihr Bestes, wenn sie das Konzept der neuen Akademie erklärt. Da möchte sie eine bessere wissenschaftliche Grundlagen schaffen (…), um in die oftmals sehr polemisch geführten Diskussionen für und wider die Homöopathie mehr sachliche Distanz hineinzubringen. Was natürlich ein ehrbares, wenn auch lustiges Ziel ist, welches jedoch in ihrer nächsten Antwort „Ein großer Schwerpunkt des Studiums ist die Praxis. Es gibt über alle drei Studienjahre verpflichtende Praktika, in denen die Studierenden bei Therapeuten in der Praxis tätig sind.“ irgendwie konterkariert wird. Wie man beim über die Schulter schauen, die wissenschaftliche Grundlage der Homöopathie schaffen will, stellt mich vor ein Rätsel.

Dass erfahrenen Homöopathen über die Schulter geschaut wird, hat Akademieleiterin Anja Wilhelm übrigens auf die Frage geantwortet, dass man in den drei Jahren „Studium“ (Anführungszeichen von mir) doch unmöglich genug Erfahrung sammeln könne. Damit bleibt sie eine Antwort schuldig. Macht aber nix, ich antworte gern: Drei Jahre reichen dicke, Homöopathie kann jeder, der gerade im Stuhl sitzen kann und nicht komisch riecht.

Frau Wilhelm teilt uns mit, dass man einen Hochschulstudiengang aufbauen und sich [dabei] das Ziel [setzt], klinische Studien kritisch [zu] analysieren, sei es, dass sie für oder gegen die Homöopathie sprechen. Dafür(!) wird dieser ganze Bohai veranstaltet? Um Studien kritisch zu analysieren. Wenn das mal nicht ein wenig hypertroph ist. Als gäbe es keine „Carstens-Stiftung“, keinen „DZVhÄ“ und keine polemischen Blogger. Weiter erörtert sie, es sei ihr Anliegen, dass wir die wissenschaftlichen Grundlagen festigen. Höhö, das gelingt bestimmt durch „kritisches analysieren“.

Hach, aber den schönsten Ausspruch von Akademieleiterin Anja Wilhelm findet man am Ende des Interviews, wenn sie nach dem Vorteil der Homöopathie gefragt wird:

„Ich bin niemand, der Heilungsversprechen gibt, aber man kann gerade bei Krankheitsbildern viel verbessern, wo schulmedizinisch kurativ nicht mehr viel möglich ist, sondern wo es um Linderung geht, um Palliation.“

Fällt es sonst noch jemandem auf? Mal abgesehen davon, dass hier die „Schulmedizin“ mit dem Attribut „kurativ“ geadelt wird, wo es doch sonst heißt, die „Schulmediziner“ unterdrückten nur Symptome , anstatt zu heilen. Wenn das nicht genau das Gegenteil von dem ist, was Globulisten sonst behaupten, dann weiß ich auch nicht. Ich dachte, einzig Homöopathie  könne eine Heilung hervorrufen, weil sie eben nicht Symptome unterdrücke, sondern die Grundursache, die aus dem Gleichgewicht geratene Lebenskraft, behandele. Und nun wird hier Palliation angeboten, also der Prototyp von Medizin, die sich einzig darauf beschränkt, das Leid eines Menschen zu vermindern, wenn es KEINE HEILUNG mehr gibt? Palliation ist per Definition das „unterdrücken“ von Symptomen.

Wenn da mal nicht jemand versucht, sich in einer alternden Gesellschaft einen neuen Markt zu erschließen.

5 Gedanken zu “Umdenken in der Homöopathie

  1. Wenn ich auch mal ein bisschen polemisch darf: Natürlich bleiben die Herrschaften bei ihren bekannten Argumenten. Dass die stimmen müssen, ist dort per Binnenkonsens geregelt, das läuft ganz unabhängig von der realen Welt. Und deshalb stellt Dich das auch vor ein Rätsel – Du bist ja nicht Teil(haber) dieses Binnenkonsens.

    Komisch riechen kann bei der Homöopathie kaum was, weil da ja nur Zucker und hochreines Wasser in Glasfläschchen zum Einsatz kommen. Wenn man da halbwegs sorgsam mit umgeht, ist das geruchsfrei.

    Das Festigen der wissenschaftlichen Grundlagen ist sehr zu begrüßen. Ich würde darunter verstehen, dass man die methodisch unsauberen Studien zerlegt und aussortiert und danach wirklich ganz überhaupt gar keine Belege mehr für eine wie immer geartete Wirksamkeit der Homöopathie finden kann.

    Das würde immerhin zu dem angedeuteten Umdenken passen, nach dem man nicht mehr so viel an behandelbaren Kranken herumpfuschen und sich stattdessen auf das Beruhigen von unheilbar Kranken konzentrieren will (wo mit Placebo vielleicht wirklich manches geht, hahnemannideologischer Überbau hin oder her). Vielleicht steht da in mittlerer Zukunft ein vollständiger Rückzug aus der Medizin ins Haus und eine Neuorientierung im Lifestylebereich.

    Aber da liest Du nur zuviel hinein, soviel Bodenhaftung ist dort nicht zu erwarten…

  2. Großes Interesse hätte ich an der Beantwortung der Frage, wie es wohl einem Prüfungs-Kandiaten ergehen würde, der, nach kritischer Analyse der Studienlage zur Homöopathie, zu dem eigentlich zwangsläufigen Ergebnis gekommen ist, dass sowohl die homöopathischen Anamnesen, wie auch die nachfolgenden Therapieempfehlungen, mindesten genau so ein Unsinn sind, wie die absurden Arzneimittelbilder.

    Ob man auch denen einen Bachelor verleiht, die knochentrocken feststellen, dass sie sich
    – so wie die Sache aussieht – 3 Jahre mit breitgetretenem Quark beschäftigt haben?

    1. Nachdem man ja so tut, als sei man eine Hochschule, müsste man den Leuten den Bachelor geben, sofern die die nötigen Scheine gemacht und das geforderte Prüfungswissen nachgewiesen haben. Da man keine Priester weiht, sollten weltanschauliche Differenzen keine Rolle spielen dürfen. Soweit die Theorie.

  3. Habe gerade das Interview mit Frau Wilhelm gelesen.

    Als Pneumologe mache ich bei Asthma-Patienten das Gleiche, nur ohne Globuli.

    Asthma mit Anfällen ist eine psychische Krankheit mit Anteilen eine Panikstörung auf der Basis einer organischen obstruktiven Bronchialerkrankung.
    Die kann man medikamentös bessern, über lange Zeiträume braucht man aber allenfalls einen Bedarfsspray, viele psychisch ruhige Patienten “sitzen das aus”, d. h. stellen sich einfach auf die nun geringeren Atemreserven ein ohne panisch zu werden.
    Genau das lernen Asthma-Patienten bei mir, aber ohne Hokus-Pokus, ich bekomme dafür nur etwas weniger Geld bei Selbstzahlern, bei Privatpatienten etwas gleich viel wie ein Heilpraktiker. Nur habe ich 6 Jahre Mindeststudienzeit und 7 Jahre Mindestweiterbilung (in der Realität ist es wegen der “Kataloge” mehr) mit geringem Assistenzarztgehalt als Internist+Pneumologe absolviert.
    Erst nach diesen 13 Jahren hatte ich erste Chancen, mich um eine besser bezahlte Oberarztstelle zu bewerben oder mich um eine Praxis zu bemühen.

    Am Beispiel Asthma eines der typischen Irrtümer in der Annahme, dass Homöopathie hilft. Hefen tut hier allenfalls die psychologisch begabte Therapeutin Frau Wilhelm.

    Dr. med. Peter Pommer

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