Markenpiraterie bei der Alternativmedizin

„By definition“, I begin
„Alternative Medicine“, I continue
„Has either not been proved to work,
Or been proved not to work.
Do you know what they call „alternative medicine“
That’s been proved to work?
Medicine.“

Tim Minnchin – Storm

Ein Blick in die Wikipedia (Artikel die so anfangen, können nur ein großer Spaß werden) sagt, „Marke“ steht für alle Eigenschaften, in denen sich Objekte, die mit einem Markennamen in Verbindung stehen, von konkurrierenden Objekten anderer Markennamen unterscheiden. Alternativmedizin, für die es keine einheitliche Definition gibt, wird von ihren Protagonisten vor allem mit den Worten „ganzheitlich“ und „sanft“ im Gegensatz zur „reduktionistischen“ und „kalten“ „Schulmedizin beschrieben. Stanislaw gilt und verkauft sich selbst als Alternativmediziner.

In den Artikeln zu Burzynski, dem Scharlatan aus Texas, habe ich bereits versucht, deutlich zu machen, welche Methoden er anwendet und wie er sich in der Öffentlichkeit verkauft. Die Werbestrategie beruht weitgehend auf den Antineoplastonen, wobei es sich um Abbauprodukte aus dem Harnstoffwechsel handelt, die Burzynski vor Jahrzehnten aus menschlichem Urin synthetisiert hat. Diese Antineoplastone, so der Produktmythos, sollen „Krebsgene“ in Tumoren abschalten können. Seit 30 Jahren versucht Burzynski das in seiner Klinik zu beweisen, zumindest erzählt er das.

Mittlerweile nutzt er jedoch nicht mehr die Antineoplastone selbst, sondern ein sogenanntes Prodrug. Dabei handelt es sich um eine Substanz, die nach der Einnahmen im Körper zum wirksamen Medikament umgebaut wird, oft in der Leber. Dieses Prodrug ist Phenylbutyrat. Phenylbutyrat wurde in einigen Studien auf seine Wirksamkeit gegen Hirntumore untersucht, die Ergebnisse waren unbefriedigen. Bei Burzynskis Anitneoplastonen handelt es sich jedoch um den unwirksamen Teil, der in der Leber vom Phenylbutyrat abgespalten wird. Sollte Phenylbutyrat also eine positive Wirkung auf den Tumor eines Patienten haben, wäre das am ehesten die Wirkung des anderen Teils.

Nun verwendet Burzynski jedoch auch eine ganze Batterie herkömmlicher Chemotherapeutika und setzt diese nach Gutsherrenart ein. Kombinationen von Medikament und Tumorart erscheinen willkürlich, die Kombination der Medikamente im besten Fall phantasievoll. Für den ganzen Kram nimmt er dann auch noch vollkommen überhöhte Preise. Was daran ganzheitlich oder sanft sein soll, hat mir noch niemand beantworten können.

Diese und andere Informationen sind nicht schwer zu finden und trotzdem gilt Burzynski als weiter „Alternativmediziner“ und wird aus den Kreisen der CAM*-Gemeinde als Rebell gegen die offizielle Medizin gefeiert. Daran ist die Gemeinde der „Quackwatcher“ insofern nicht ganz unbeteiligt, als das sie Burzinykis Methoden offen legt und kritisiert und wer von „Quackwatchern“ kritisiert wird, kann nur Alternativmediziner sein. Egal, wie sehr der Karrikatur des paternalistischen, selbstherrlichen Halbgottes in weiß entspricht. Oder gerade deswegen? Burzynski selber wird sich nicht dagegen wehren, Alternativmediziner gennant zu werden und verkauft seine Antineoplastontherapie (die in der Form eigentlich gar nicht angewendet wird) als ungiftig und nebenwirkungsarm.

Die Marke „Alternativmedizin“ spült Geld in die Kasse der Burzinski-Klinik und das nicht zu knapp. Eine Behandlung kostet bis zu 200 000 Dollar, die keine Versicherung übernimmt, aus gutem Grund. In Großbritannien trommelte Mitte Dezember wieder eine englische Zeitung, um Geld für ein Mädchen zu sammeln, damit es von Burzynski behandelt werden kann. Es dauerte nicht lange, bis sich unter dem Artikel Kommentare mit kritischen Stimmen englischer Blogger fanden. Auch die Aussagen eines Mediziners bei einem Fernsehauftritt der Familie, wurden kritisch beleuchtet.

Die WHO hat sich an einer Definition von Alternativmedizin versucht. Demnach umfasst Alternativ/Komplementärmedizin ein breites Spektrum von Heilmethoden, die nicht Teil der Tradition des jeweiligen Landes sind und nicht in das dominante Gesundheitssystem integriert sind. Nach der Definition wäre Homöopathie keine Alternativmedizin (ich halte mich an Minnchin).

Das kubanische Unternehmen Labiopharm erhielt kürzlich die Genehmigung sein Produkt „Vidatox“ in China und Albanien zu vertreiben.  „Vidatox“ ist eine homöopathisches Mittelchen, auf Basis eines Skorpiongiftes, dass gegen Krebs helfen soll.

Das Gift des Skorpions hat tatsächlich Auswirkungen auf Tumorzellen, die untersucht werden. In „Vidatox“ ist jedoch, bei einer C30 Potenz, kein Skorpiongift mehr vorhanden. Kenner der Homöopathie sind vielleicht auch bereits stutzig geworden, weil es scheint, hier sei das Simile-Prinzip (Gleiches wird mit gleichem geheilt) verletzt. Wirkte Homöopathie, müsste „Vidatox“ Krebs aus- und nicht auflösen. Dabei lassen wir, der Einfachheit halber, außer acht, dass die antitumoröse Wirkung im Reagenzglas gezeigt werden konnte, jedoch keine Arzneitmittelprüfung vorliegt, die das gezeigt hätte.

Hier wird also ein Medikament, dessen größte Gemeinsamkeit zur Homöopathie im Aufdruck auf dem Etikett besteht, als Homöopathie verkauft. Homöopathie ist eine Marke mit der sich Geld verdienen lässt. Nicht, dass es sich dabei um etwas Neues handelte. Immerhin hat die Carstens-Stiftung Studien zum Beweis der Wirksamkeit der Homöopathie herangezogen, die, neben anderen Problemen, zum Teil gar keine Homöopathie getestet haben. Aber Hey! Scheiß drauf, es wirkt eh nicht!

„You’re so sure of your position
But you’re just closed-minded
I think you’ll find
Your faith in science and tests
Is just as blind
As the faith of any fundamentalist“

„Hmm that’s a good point, let me think for a bit
Oh wait, my mistake, that’s absolute bullshit.
Science adjusts its views based on what’s observed
Faith is the denial of observation so that belief can be preserved.
If you show me
That, say, homeopathy works,
Then I will change my mind
I will spin on a fucking dime
I’ll be embarrassed as hell,
But I will run through the streets yelling
It’s a miracle! Take physics and bin it!
Water has memory!
And whilst its memory of a long lost drop of onion juice is infinite
It somehow forgets all the poo it’s had in it!

*CAM – Complementary and Alternative Medicine

2 Gedanken zu “Markenpiraterie bei der Alternativmedizin

  1. Neulich traf ich eine Frau, die mir in einer Diskussion über Frühchen (oder politisch korrekter über Neugeborene mit extremer Unreife) begeistert von einer Klinik erzählte, in der die Intensivtherapie „ganz sanft“ durchgeführt würde. Ich habe gestaunt, wie man offenbar an alles das Adjektiv „sanft“ hängen kann, egal, was sich dahinter verbirgt. Wundert mich dann also auch nicht mehr, dass das auch bei Krebstherapie geht.
    Eigentlich könnte man die Intensivmedizinische Versorgung von extrem unreifen Neugeborenen auch prima als ganzheitlich verkaufen: Alle Körperfunktionen werden überwacht, gezielt beeinflusst, oder dem Neugeborenen sogar ganz abgenommen. Toll! Und so sanft! ;)

    1. Da fragt man sich sofort, wie wohl die unsanfte Behandlung Frühgeborener (ist das wirklich nicht p.c.? ich bin schokiert!) wohl aussehen mag. Ich kenne „sanft“ in dem Zusammenhang ja unter „minimal Handling“

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.